07.12.2021, 20:32 - Wörter:
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 07.12.2021, 20:36 von Test.)
Doch dann bist du hereingeschneit
Und ja, da war auf einmal klar
Die Zeit ist um und du bist da
# Mai 1982
# Krieg ist 2 Jahre vergangen dank Neville, Marlene und Dorcas sind verstorben
# Lily studiert Magische Trankkunde an der Magischen Universität von Neapel
# Wohnung im ersten Stock im magischen Viertel Neapels
Sanft küsste die Frühlingssonne ihre mit Sommersprossen besprenkelte Haut. Tausend und abertausend zierten ihren blassen Körper, der trotz der warmen italienischen Temperaturen zunächst zu einem Sonnenbrand tendierte, ehe er braun wurde. Lily kannte inzwischen die Eigenheiten ihres britischen Körpers. Während er bis zu ihrer Volljährigkeit dem regnerischen Wetter ihrer Heimat ausgesetzt gewesen war, lebte sie seit Beendigung des Kriegs in Italien. Ihr ursprünglicher Plan, direkt nach ihrem Schulabschluss ins Ausland zu gehen war an zwei Punkten gescheitert. Erstens: Der Orden des Phönix brauchte sie. Lily hätte nicht mit der Schuld leben können, nicht alles getan zu haben, um ihre Freunde zu retten. Gestorben waren trotzdem viele. Unter anderem ihre beste Freundin Marlene, deren Lieblingsarmband sie seitdem ständig an ihrem Handgelenk trug. Auch Dorcas war gestorben. Von ihren besten Freundinnen lebten nur noch Mary, die inzwischen verheiratet und stolze Mutter einer kleinen Tochter war, und Greta, die inzwischen eine gefeierte Kochbuchautorin war. Und dann war noch sie selbst: Die Auswanderin, die nach Jahren der Stagnation endlich ihren Traum erfüllt hatte, und nach Italien gegangen war.
Der zweite Punkt ihrer verzögerten Auswanderung trug einen Namen: Rabastan Lestrange. Bereits zu Schulzeiten hatte sie sich in den Jüngeren verliebt. Als Du-weißt-schon-wer mächtig geworden war und die Lestranges sich als Todesser offenbart hatten, war der Lockenschopf zwischen die Fronten geraten. Und sie, als muggelstämmiges Mädchen, ebenfalls.
Es waren dunkle Zeiten gewesen. Dunkle Zeiten, die sie mit dem Tod zweier Freundinnen bezahlt hatte.
Lily schob sich den Träger ihrer Tasche ein wenig weiter die Schulter hinauf. Die inzwischen 22-Jährige lächelte der Sonne entgegen. Sie liebte das warme italienische Wetter trotz der vielen schichten Sonnencreme, die sie stets auf ihre Haut auftragen musste. Sie liebte, dass es hier Sonne gab. Sie liebte das Meer, welches sie von ihrem Weg nach Hause aus der Ferne sehen konnte. Sie liebte, dass hier der Krieg keine Spuren hinterlassen hatte. Hier konnte man einen Neuanfang starten. Hier, in Neapel, gab es keine Schattenseiten. Die warme Frühlingssonne ließ dies nicht zu.
Das weiße Sommerkleid, welches unter der Brust kleine Raffungen aufwies, die in einem luftigen Rock endeten, tanzte um Lilys Knie. Ihre Füße steckten in hübschen Sandalen, während an ihrem Handgelenk nicht nur Marlenes Armband, sondern auch ihr Fischarmband klimperte. Auf ihrer Nase saß eine dunkel getönte Sonnenbrille, die sie bereits in ihrer Schulzeit besessen hatte. Die Tasche war ebenfalls ihre ehemalige Schultasche, nur mit dem Unterschied, dass darin zwischen nicht mehr Schulbücher steckten, sondern Materialien, die sie für die Universität brauchte. Seit zwei Semestern besuchte die Rothaarige die Magische Universität von Neapel und belegte dort Magische Trankkunde. Ihren Plan, Meeresbiologie zu studieren, hatte sie noch während des Kriegs verworfen. Nicht einmal hatte ein Trank Rabastan und ihr das Leben gerettet und sie wollte, dass ihr Wissen auch anderen Menschen half.
Davon abgesehen machte es tierischen Spaß. Heute Morgen hatte Lily eine Vorlesung zum Thema Belladonna und ihre Wechselwirkungen gehört und wie immer hatte sie eifrig mitgeschrieben. Leider hatte sie nur zwei Stunden in den heiligen Hallen der Universität verbringen können, weshalb sie sich anschließend ein Zitroneneis gekauft und nach Hause geschlendert war. Ihre Wohnung lag ebenfalls im magischen Viertel von Neapel und war nur zwanzig Gehminuten entfernt. Häufig fuhr Lily mit dem Rad, doch nachdem bereits heute Morgen das Wetter so schön gewesen war, hatte sie den Fußweg gewählt.
Das Haus war eines der vielen kleinen Reihenhäuser, die von engen Seitengassen getrennt waren, zwischen denen Wäscheleinen gesponnen waren. Die gelbe Farbe des Hauses blätterte ebenso ab wie die Lackierung der dunkelgrünen Metallbalkone, doch Lily liebte es. Sie liebte jede abgeplatzte Stelle der Farbe, unter der zumeist hässlicher Mörtel oder Rost hervor blitzte. Für sie gehörte diese Optik zu ihrem neuen Leben dazu.
Immer noch mit der Eiswaffel in der Hand schloss Lily die Eingangstür des Hauses mit einem kleinen Wink ihres Zauberstabs auf, grüßte die Vermieterin aus dem Erdgeschoss in schwerfälligen aber nicht minder euphorischen italienisch und lief schließlich die alten Holzstufen in den ersten Stock hinauf. Auch dort wurde eine Tür mit ihrem Zauberstab angetippt, neben der auf dem Klingelschild Evans/ Lestrange stand. Lily liebte es, diesen unscheinbaren Zettel anzusehen, denn er zeugte von ihrem gemeinsamen Leben mit Rabastan.
Rabastan. Allein sein Name ließ ihr Herz schneller schlagen.
Sie stieß die Tür zur Wohnung auf. Stille herrschte in der Zwei-Zimmer-Wohnung, bestehend aus einer kleinen Küche, einem Bad, einem Wohnzimmer und einem Schlafzimmer. Es war klein, aber für Lily war die Größe genau perfekt. Am meisten liebte sie ihren Balkon, auf dem sie magische und nichtmagische Pflanzen zog, die sie für ihre Trankexperimente benötigte. Immerhin war es auf Dauer zu teuer, sich ständig neue Zutaten kaufen zu müssen.
Die Tür zum Balkon stand offen. Der weiße Vorhang wurde vom warmen Frühlingswind ergriffen und blähte sich leicht nach außen. Schweigend schloss Lily die Tür, legte ebenso leise die Tasche ab, schlüpfte aus ihren Schuhen und lief langsam los. Warf einen kurzen Blick in das Schlafzimmer, dessen Decken zerknüllt waren. Im Wohnzimmer war Rabastan ebenfalls nicht.
Vorsichtig schob Lily den Vorhang zur Seite und blickte nach draußen. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie Rabastan erblickte. Er saß auf einem der Holzstühle, die auf dem grau gefliesten Balkon standen, und schlief. Regelmäßig hob und senkte sich sein Atem, während sein Arm gen Boden hing und nur noch mit zwei Fingern ein Büchlein hielt. Offensichtlich hatte er das schöne Wetter ebenfalls genutzt und war während des Lesens eingeschlafen.
Die Rothaarige bewegte sich leise auf einen ihrer Blumenkästen zu und zupfte sich einen Stängel Lavendel ab (benötigte sie vor allem für Tränke gegen Schlaflosigkeit oder Stress), schob sich den letzten Bissen Eis in den Mund, schob sich die Sonnenbrille auf den Kopf und beugte sich schließlich zu ihrem schlafenden Freund hinab. Seine Augenlider zuckten. Es war nicht unüblich, dass er von Alpträumen heimgesucht wurde, doch im Moment wirkte er für seine Verhältnisse ziemlich entspannt. Erneut lächelte die Ältere, ehe sie den Lavendelstängel nahm und sanft seine Nase entlang fuhr. Ließ den lilafarbenen Kopf der Blume unter seiner Nase entlang streichen, seine Wange entlang fahren und schließlich sein Ohr nach oben, wobei ihre Augen vor Schalk funkelten.